BP Referat

Moral gegenüber Anderen

  • Gerade ging es um die moralische Konsequenzen der Lehren des Buddhismus für z.B. “Wie soll ich mein Leben leben”, “Warum soll ich nach dem Nirvana streben”
  • Jetzt geht es darum, eine moralische Grundlage zu finden. Also eine Antwort auf die Frage “Warum soll man moralisch handeln”

Plato Politeia: Unsichtbarkeits Ring -> Warum moralisch handeln?

Ethik ist ein breites Feld, aber schauen wir uns mal an, wie ethische Fragen in Religionen gelöst wurden

  • Glaube an eine transzendente Macht im Mittelpunkt

    • Voraussetzung für alles ethische Handeln
    • “Wenn ich mich nicht an die Regeln Gottes halte, wird er mich bestrafen”
    • Einer der Hauptvorteile einer Religion
  • Buddhismus: Man muss an keine göttlichen Befehle glauben, um eine Grundlage für moralisches Handeln zu erhalten

  • Wie schafft es der Buddhismus, eine Antwort auf die Frage, warum man moralisch handeln soll, zu geben?

Im Buddhismus hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, wie weit man am Pfad zum Nirwana fortgeschritten ist.

  • Drei layer (= Schichten)

Die drei Schichten

Schicht 1

  • Für: Diejenige, die am Anfang vom Weg in das Nirwana stehen.

  • Antwort: “Handle moralisch, damit deine nächste Wiedergeburt besser wird.”

  • z. B. Stehle nicht, weil man sonst als preta wiedergeboren wird

    • preta = hungriger Geist, Wesen wie ein Mensch
      • Nahrung besteht aus Kot, Urin, Eiter und Blut
  • Funktioniert nur, wenn man:

    • die Doktrinen Karma & Wiedergeburt akzeptiert
    • Nach Freude strebt
    • -> Auf dem Weg zum Nirvana???

Schicht 2

  • Für: Diejenigen, die fortgeschritten sind am Weg in das Nirwana

  • Antwort: “Handle moralisch, damit du das Nirwana erreichst”

  • Die 3 Kleśas (Gifte) sind einer der Faktoren, warum man im ewigen Zyklus der Wiedergeburten Saṃsāra gefangen ist

    • Gier, Hass, Ignoranz (ggü. Eigenschaften vom Saṃsāra)
    • Feedback loop
    • Edle achtfache Pfad als Gegengift, tugendregeln
      • Rechte Rede
      • Rechtes Handeln
      • Rechter Lebenswandel

Schicht 3

  • Für: 🙆‍♂️ Arhat (Menschen, die das Nirwana bereits erreicht haben)
  • Antwort: “Handle moralisch, weil du verpflichtet bist, wohlwollend zu sein.”

Wo kommt diese Verpflichtung her? Im Buch wird folgendes Argument dargestellt:

  1. Angenommen, wir sind alle verpflichtet, nur unser eigenes Leiden zu verhindern.
  2. Im Falle des eigenen zukünftigen Leidens ist es eine Gruppe von Skandhas, die zum Wohle einer anderen Gruppe, dessen Leid verhindert.
  3. Im Falle des eigenen gegenwärtigen Leidens ist es ein Teil, der zum Wohle eines anderen Teils, dessen Leid verhindert. (irreflexivity principle)
  4. Das „Ich“-Gefühl, das dazu führt, zukünftige Skandhas und bestimmte gegenwärtige Skandhas „Ich“ zu nennen, ist eine konzeptionelle Fiktion (bequemer Bezeichner).
  5. Daher kann es letztlich nicht wahr sein, dass manches Leid das eigene und manches Leid das der anderen ist.
  6. Daher hat die Behauptung, dass wir verpflichtet sind, nur unser eigenes Leiden zu verhindern, keine ultimative Grundlage. (= irrational)
  7. Daher besteht entweder eine Verpflichtung zur Verhinderung von Leiden, unabhängig davon, wann oder wo es eintritt, oder es besteht überhaupt keine Verpflichtung zur Verhinderung von Leiden.
  8. Aber alle sind sich einig, dass zumindest ein Teil des Leidens verhindert werden sollte (nämlich das eigene).
  9. Konklusion: Es besteht die Verpflichtung, Leiden zu verhindern, unabhängig davon, wann oder wo es auftritt.

Achtung:

  • Nicht: “Wir sind alle eins, deshalb soll sich jeder um alle kümmern wie man sich um sich selbst kümmern würde”
  • Sondern: “Es gibt keine Personen, sondern nur Leid. Leid ist schlecht, deshalb sollte es verhindert werden.”

Gegenargument: (6) ist falsch, da:

  • Skandhas bilden eine kausale Reihe, da sie durch vorherige Skandhas verursacht werden
  • Diese kausalen Reihen können anhand dessen, wo sie auftreten, voneinander unterschieden werden
  • Diese Unterscheidung erklärt die bequemen Bezeichner “Ich” und “Du”
  • Konklusion: Es gibt eine ultimative Grundlage für die Behauptung, dass man dazu verpflichtet ist, das eigene Leid zu verhindern

Determinismus

Kann man für Taten verantwortlich sein, wenn alles bereits determiniert ist? Zwei Seiten:

  • Kompatibilismus
    • Moralische Verantwortung ist kompatibel mit Determinismus
  • Inkompatibilismus
    • Moralische Verantwortung ist inkompatibel mit Determinismus

In der indischen Philosophie gab es keine solchen Debatten über Willensfreiheit, und somit keine klaren Antworten auf die Frage. Im Buch wurde jedoch eine Position für den Kompatibilismus vorgestellt, die auch vom Unterschied zwischen ultimativen und konventionellen Wahrheiten gebrauch macht:

Dazu ein Beispiel:

  • Jemand schläft, Geldbeutel liegt am Nachtkasten
  • Zweite Person klaut das ganze Geld aus dem Geldbeutel, um feiern zu gehen
  • Argument:
    • Der Dieb ist unschuldig, da die Skandhas, die zu diesem Zeitpunkt im Raum waren und das Geld gestohlen haben, von vorherigen Skandhas verursacht wurden, welche ebenfalls von vorherigen Skandhas verursacht wurden.
    • Die kausale Reihe reicht zurück bis zur Geburt, somit gibt es keine Schuld
    • -> Inkompatibilismus

Aber:

  • Personen sind nur konventionell wahr
  • Nur Personen können verantwortlich für etwas sein
  • Urteile über Verantwortung können nur konventionell wahr sein

Dennoch:

  • Es kann konventionell wahr/falsch sein, dass eine Person (un-)verantwortlich für etwas ist
  • Verantwortung = Fakten über die kausale Reihe von Skandhas, die als eine Person verstanden werden
    • ultimative Fakten bestimmen, ob eine Person auf konventionelle Art und Weise verantwortlich für etwas ist
  • z. B. Der Dieb überlegt sich beim Stehlen, ob er es besser sein lassen sollte, und tut es trotzdem
    • -> Konventionell wahr, dass er verantwortlich für seine Taten ist

Was ist eure Meinung dazu? Reicht es, Verantwortung als nur konventionelle Wahrheit zu definieren?